»Ich bin ein Berliner«

John F. Kennedys berühmte Worte und deren Wirkung

26. Juni 1963. Der amerikanische Präsident John F. Kennedy besucht Berlin und beschert der Stadt einen bis heute unvergessenen Tag. Mit seiner Bekundung »Ich bin ein Berliner« löst er einen Begeisterungssturm bei den Zuhörern seiner Rede vor dem Rathaus Schöneberg aus. Im Nachhinein wurde dieser Ausspruch nicht nur zu einem Wiedererkennungsmerkmal und zu einem der prominentesten Zitate des rhetorisch herausragenden JFK sondern auch Ziel des Spotts. Hartnäckig hält sich bis zum heutigen Tag die Vermutung, dass Kennedy sich mit diesem Satz, der in seiner Rede übrigens zweimal auftaucht, lächerlich gemacht habe. Der Historiker Andreas W. Daum zeigt in seinem Buch Kennedy in Berlin Inhalt, Ursprung und Irrtum dieses Glaubens auf.


Die Legende vom Jelly Doughnut-Präsidenten

Schon kurz nach der Rede verbreitete sich das Gerücht, Kennedy sei wegen seines Ausspruchs von der anwesenden Menge ausgelacht worden. Die renommierte New York Times und das Nachrichtenmagazin Newsweek berichteten Ende der achtziger Jahre dann noch einmal von Kennedys vermeintlichem Fauxpas und manifestierten so die Legende vom ausgelachten Präsidenten, die sich besonders im englischen Sprachraum bis heute hält. Kennedy, so hieß es, habe sich durch die Verwendung des indirekten Artikels ein, vor der Weltöffentlichkeit als ein jelly doughnut, ein gefüllter Krapfen, zu erkennen gegeben. Korrekt wäre es gewesen, so der Vorwurf, zu sagen: »Ich bin Berliner«.

 

Doch wurde Kennedy wirklich ausgelacht und ist sein weltberühmtes Bekenntnis zu Westberlin tatsächlich grammatikalisch falsch? Beides kann mit nein beantwortet werden. Video- und Tonaufnahmen zeigen, dass die Menge Kennedy keineswegs bei seinem Ausspruch auslachte. Für Vergnügen sorgte jedoch Kennedys schelmischer Kommentar in Richtung des Dolmetschers Heinz Weber, der an diesem Tag Kennedys Rede für das Publikum übersetzte. Weber hatte Kennedys »Ich bin ein Berliner« ins Deutsche übersetzt – und somit also einfach wiederholt. Schlagfertig bedankte sich der Präsident sofort bei Weber dafür, dass dieser auch sein Deutsch übersetze. Weber wiederum übersetzte auch diesen ironischen Dank, zur besonderen Freude eines verschmitzt wirkenden Kennedys, ins Deutsche.

 

Die Frage nach der sprachlichen Richtigkeit des Zitats kann ebenfalls zweifelsfrei geklärt werden. Sprachforscher, wie etwa Jürgen Eichhoff, zeigten, dass es nicht nur korrekt, sondern durchaus üblich ist, den indirekten Artikel vor Substantiven zu benutzen, wenn hierdurch etwas auf metaphorischer Ebene ausgedrückt werden soll. Somit wäre gerade das Weglassen des Artikels ein Fehler. Denn dass er in Berlin zur Welt gekommen sei, wollte John F. Kennedy gewiss niemandem weismachen. Hinzu kommt, dass das Gebäck, das tatsächlich in weiten Teilen Deutschlands Berliner genannt wird, in Berlin selbst nicht so bezeichnet wird, sondern hier nur unter dem Namen Pfannkuchen seinen Weg über den Bäckereitresen findet.

 

Wahr oder falsch – die Legende vom ausgelachten jelly doughnut-Präsidenten trug sicherlich mit dazu bei, Kennedys Worte unvergesslich zu machen. Sie wurden zur Quintessenz seines Besuches auf der »Insel« Westberlin und sorgten mit dafür, die Freiheit dieser merkwürdigen westlichen Exklave zu sichern. Bis heute ist es leicht nachvollziehbar, wie sehr sich die Berliner über diese Solidaritätsbezeugung – zumal aus dem Munde eines so charismatischen und mächtigen Politikers – freuten. Der Jubel und die breite Zustimmung, die Kennedy in Berlin erfuhr, sollen ihn dann auch dazu veranlasst haben, seinen Nachfolgern im Amt des Präsidenten anzuraten, nach Berlin zu fahren, sobald sie einmal der Aufmunterung bedürfen.


»Go to Berlin!« – Kennedys Nachfolger in Berlin

Den Versuch, sich durch einen Berlinbesuch aufzuheitern, unternahmen fast alle Nachfolger Kennedys. Hinzu kommt, dass auch sie sich bemühten der Nachwelt einige Worte auf Deutsch zu hinterlassen. Ronald Reagan etwa zitierte den berühmten Berliner Komponisten Paul Lincke mit den Worten: »Ich hab’ noch einen Koffer in Berlin«. Zwei weitere amerikanische Staatsoberhäupter begaben sich nach Kennedy und noch vor Reagan nach Berlin: Richard Nixon, der im Februar 1969 unter anderem die Siemens-Werke besuchte und Jimmy Carter, der im Juli 1978 nach Berlin kam. Beide versuchten sich auch im Deutschen. Nixon etwa sagte: »Wir haben eine Mauer gesehen; eine Mauer kann eine Stadt teilen, aber nicht ein Volk«, während Carter den Berlinern versicherte: »Was immer sei, Berlin bleibt frei!«. Nach dem Fall der Berliner Mauer besuchte Bill Clinton die neue deutsche Hauptstadt gleich dreimal – im Juli 1994, im Mai 1998 und im Juni 2000. Seine deutschen Worte waren unter anderem: »Berlin bleibt doch Berlin« (1998). Der bislang letzte Besuch eines amtierenden US-Präsidenten in Berlin war der von George W. Bush im Mai 2002.

 

Im Museum THE KENNEDYS

Das Museum THE KENNEDYS zeigt neben einem seltenen Farbfilm vom Autokorso und der Berliner Rede Kennedys ein Faksimile des Notizzettels, auf dem sich Kennedy vor der Rede lautmalerisch notierte, wie er den deutschen Satz auszusprechen hatte. Außerdem wird eine originalgetreue Nachbildung des Goldenen Buches der Stadt Berlin mit John F. Kennedys Eintrag ausgestellt. Daneben gibt es zahlreiche Photographien vom Kennedy-Besuch, sowie weiterführende Literatur, Poster, Postkarten und Buttons, die im Bezug zum legendären Besuch vom 26. Juni 1963 stehen.


Christian Johann (CJ)