Zum zehnten Todestag von John F. Kennedy Jr.
Keine drei Wochen nach dem Sieg John F. Kennedys in der Wahl von 1960 brachte seine Frau Jackie einen Sohn zur Welt. Benannt nach seinem Vater wuchs John F. Kennedy jr. zusammen mit seiner älteren Schwester Caroline im Weißen Haus auf. Er wurde Teil der Mythen- und Bilderwelt, welche die »1000 Tage« Kennedys als Präsident bis heute umgeben. Unvergessen bis heute die Fotografien, die ihn spielend im Oval Office, dem Arbeitszimmer seines Vaters, zeigen. Und auch die Bilder des salutierenden John-John, wie er von der Presse genannt wurde, gingen um die Welt. Letztere entstanden beim Staatsbegräbnis seines Vaters am 25. November 1963 – dem dritten Geburtstag von John jr.
Ihm selbst, so sagte er später, fiel es schwer, zu unterscheiden, welche Erinnerungen an seinen Vater wirklich wahr waren und welche er aufgrund der vielen Geschichten und Photographien als wahr empfand. So omnipräsent waren die Bilder aus der Kindheit des Präsidentensohnes. Er teilte damit das Gefühl, welches die Familie Kennedy vielen Amerikanerinnen und Amerikanern sowie Menschen auf der ganzen Welt gab, nämlich das Empfinden, dass die Öffentlichkeit teilhatte an der Präsidentenfamilie, die wiederum Teil der Öffentlichkeit wurde.
In punkto Charisma stand der Filius seinem Vater in nichts nach. Vielmehr schienen sich in ihm die vom Vater ererbte Ausstrahlungskraft und die künstlerisch-sensible Ader seiner Mutter gegenseitig zu verstärken. Als erster Nicht-Schauspieler wurde John im Alter von 27 Jahren zum »Sexiest Man Alive« gekürt. Romantische Geschichten (Sarah Jessica Parker und Daryl Hannah) und vom Sensationshunger bestärkte Gerüchte (Madonna »widmete« ihren Song »Like a Prayer« angeblich Johns Mutter Jackie, welche in der Sängerin eine neue Marilyn Monroe sah und ihren Sohn entsprechend vor ihr warnte) um ihn beflügelten die Fantasie Amerikas ähnlich wie seine ersten zaghaften politischen Schritte. Doch es war nicht die Politik, der er sich zunächst zuwandte.
Entgegen der Familientradition studierte er nicht an der Bostoner Universität Harvard sondern besuchte die Brown University in Rhode Island. Und anders als sein Vater und so viele seiner übrigen Verwandten schien er nicht Politiker werden zu wollen. Neben seinem Einsatz für wohltätige Projekte und Einrichtungen suchte er sein Glück als Verleger. 1995 präsentierte er der Welt die Zeitschrift »george«. Ein Hochglanzmagazin, das mit hehren Ansprüchen antrat. Hier sollten politische Themen gepaart werden mit Artikeln zu Lifestyle und Medien – Mitte der Neunziger die letzten Regungen der Yuppie-Ära.
Kurz nach der Gründung von »george« heiratete John Carolyn Bessette, ehemaliges Model und Verkäuferin in einer New Yorker Boutique. Sie und ihre Schwester waren es, die gemeinsam mit John als Piloten am 16. Juli 1999 auf dem Flug nach Martha’s Vineyard verunglückten. Was auch immer die Ursachen für das Unglück gewesen sein mögen – der Tod John-Johns erschütterte Amerika. Der Junge, der auf unzähligen Reproduktionen eines weltberühmten Fotos unter dem Schreibtisch seines Vaters hervorschaute, war gestorben. Wieder wurde der Geschichte um den »Kennedy-Fluch« ein weiteres Kapitel hinzugefügt.
Vor allem aber gewann eine Frage neue Bedeutung, die sich die Amerikaner bereits nach dem Schocktag von Dallas gestellt hatten: »Was wäre gewesen, wenn…?«
CJ