Die mediale Inszenierung der Kennedy-Familie

Als John F. Kennedy 1961 zum 35. US-amerikanischen Präsidenten vereidigt wurde, war er nicht nur der erste Katholik im Amt, sondern auch der – bis heute – jüngste je ins Amt Gewählte. Kennedy und seine Frau Jackie werden bis heute von vielen Menschen als sehr attraktiv und glamourös wahrgenommen, sodass man verbreitet von der »First Family«, der ersten »königlichen Familie« Amerikas spricht.

 

Spätestens mit dem Amtsantritt Kennedys stand die Familie unter permanenter Beobachtung der Medien. Früh hat die Familie nicht nur gelernt, mit ihnen umzugehen, sondern sie auch zu ihren Gunsten zu nutzen. Um ein möglichst harmonisches und perfektes Bild zu zeichnen, wurde auf die professionelle öffentliche Inszenierung der Familie viel Wert gelegt. So wusste John F. Kennedy, wie kein anderer Präsident zuvor, die Medien gewinnbringend für sich zu nutzen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass er und seine Frau bis in die Gegenwart zu den meist photographierten Präsidentenpaaren der amerikanischen Geschichte gehören.

 

John F. Kennedys Vater war nicht nur einer der einflussreichsten Männer der Stadt Boston, sondern auch der gesamten USA. Er verfolgte mit viel Ehrgeiz und beträchtlichem finanziellen Aufwand das Ziel, einen seiner Söhne zum Präsidenten der Vereinigten Staaten werden zu lassen. Nachdem Joseph Jr. im Zweiten Weltkrieg ums Leben kam, wurde der zweitgeborene John der Hoffnungsträger der Familie.

 

Von Vorteil für den jungen Kennedy war vor allem die Freundschaft seines Vaters mit dem Verleger Henry R. Luce, dem Herausgeber des Time Magazine und des Life Magazine. Luce zeigte Jack und Jackie auf nahezu 20 Titelseiten seiner Zeitschriften. Das amerikanische Volk konnte somit John F. Kennedy auf seinem politischen Werdegang von Anfang an visuell begleiten.

 

Als sich John F. Kennedy 1960 als Präsidentschaftskandidat aufstellen ließ, war wohl niemandem bewusst, dass dies eine der interessantesten Wahlen in der Geschichte der USA werden würde. Spannungsreiche Höhepunkte des Wahlkampfes waren die ersten Fernsehdebatten der amerikanischen Geschichte. Der Demokrat Kennedy triumphierte in allen vier Debatten durch seinen jugendlichen Charme, sein souveränes Auftreten und seine außergewöhnliche mediale Erfahrung gegenüber dem Kandidaten der Republikaner. Richard Nixon wirkte nervös, schwitze unter dem Scheinwerferlicht und wirkte unbeholfen, was letztendlich erhebliche Auswirkungen auf seine Umfrageergebnisse hatte. »Wähler, die die Diskussion zwischen Kennedy und Nixon im Radio verfolgt hatten, hielten Nixon für den Gewinner, für die weitaus größere Zahl von Fernsehzuschauern war Kennedy der Sieger.« Folglich wurde Kennedy in der Fachliteratur als der erste »Fernseh-Präsident« bezeichnet.

 

John F. Kennedy und seine Frau Jackie waren stets darauf bedacht, sich der Presse als glückliche und junge Familie zu präsentieren. Es gibt nur sehr selten authentische, geschweige denn spontane Aufnahmen des Paares und seiner Kinder. Beinahe jedes Photo, auch wenn es nicht gestellt wirken mag, ist Teil einer Inszenierung, die das Paar harmonisch, gefestigt und perfekt erscheinen lassen sollte.

 

Cecil Stoughton war der erste offizielle Photograph des Weißen Hauses. Während Kennedys 1000 Tagen im Amt sind mehr als 3000 Photoaufnahmen des Präsidenten und seiner Familie entstanden. Die Inszenierung der Familie ermöglichte es den Wählern, sich mit ihr zu identifizieren, die eigenen Wünsche und Hoffnung auf sie zu projizieren. Dem Betrachter sollte der Eindruck vermittelt werden, einen Einblick in das private Photoalbum des Präsidenten werfen zu können.

 

Weltberühmt sind die Aufnahmen Stoughtons, die den Präsidenten im Büro zeigen, während er mit seinen Kindern spielt. Diese Bilder wurden nur wenige Tage nach seinem plötzlichen Tod veröffentlicht und sind den Menschen bis heute im Gedächtnis geblieben.

 

Die mediale Inszenierung einer glücklichen Familie diente nicht nur dazu, den Bürgern zu zeigen, dass sie mit John F. Kennedy einen glamourösen, tatkräftigen und jugendlichen Präsidenten hatten, sondern ihnen sollte zudem vermittelt werden, dass er einer der ihren war. Die umfangreiche Präsenz der Familie im Fernsehen und in den Print-Medien hat dazu beigetragen, dass dieses Image bis heute, Jahrzehnte nach Kennedys Tod, besteht.

 

VD