Da, fernab auf einem kleinen Friedhof in Edensor, England, da findet man ihn, diesen unscheinbaren Grabstein. Eingraviert sind die Worte »In Loving Memory of Kathleen, 1920 – 1948«, und gemeint ist damit niemand anderes als Kathleen Agnes Kennedy, die kleine Schwester des 35. Präsidenten der Vereinigten Staaten. Aber wie kommt die junge Amerikanerin dort hin, und warum wurde sie nur achtundzwanzig Jahre alt?
Obgleich sie John F. Kennedys »Lieblingsschwester« gewesen sein soll, wissen bis heute nur wenige von Kathleen Kennedy und ihrem kurzen und bewegten Leben. Von ihren Liebsten frech »Kick« genannt, erblickte sie als viertes Kind von Joseph und Rose Kennedy am 20. Februar 1920 in Brookline, Massachusetts, das Licht der Welt. Ihrem Spitznamen soll das zweite Töchterchen alle Ehre gemacht haben, denn sie galt als der kleine, energische Rebell des Clans.
Ihre Kindheit verbrachte sie zwar, wie auch ihre Geschwister, zunächst ganz unspektakulär in Bronxville, New York. Mit der Berufung Joseph Kennedys zum amerikanischen Botschafter Großbritanniens, und mit der Umsiedlung der gesamten Familie nach England 1938, entdeckte Kick bereits als Achtzehnjährige ihre Verbundenheit zu ihrer neuen Heimat. Mühelos vermochte sie es dort, als junge Debütantin die Herzen der britischen Aristokratie zu verzaubern.
Entzückt war auch William John Robert Cavendish – kurz »Billy« – der dazumal einundzwanzigjährige Sohn des Herzogs von Devonshire. Es wird gemunkelt, dass der junge Herr so begehrt war, dass ihn auch die englische Königsfamilie als möglichen Zukünftigen für die damalige Prinzessin und heutige Königin Elizabeth II ins Auge gefasst hatte. Kick und Billy aber verliebten sich – jedoch war es für Kathleen bereits an der Zeit, das Land wieder zu verlassen. Mittlerweile war Großbritannien nämlich offiziell in den Zweiten Weltkrieg eingetreten.
So kam es, dass Kathleen Ende der 1930er Jahre zunächst an der Seite ihrer Familie zurück in die USA reiste und dort am College studierte. In dieser Zeit diente sie dem Roten Kreuz in New York. 1943 entschied sich Kick eigenhändig dazu, ehrenamtlich für dieselbe Organisation in London zu wirken. Noch im selben Jahr bestieg die junge Dame darum ein Schiff mit Kurs auf die englische Hauptstadt – und auf Billy Cavendish.
In London läuteten ein Jahr später, im Mai 1944, die Hochzeitsglocken. An der Trauung selbst nahm von der Seite der Kennedys angeblich nur Kicks ältester Bruder, Joseph Kennedy Jr., teil. Die Vermählung einer katholischen Kennedy mit einem protestantischen Angehörigen der Church of England hatte Zuhause für viel Unmut gesorgt. Dennoch wurde Kathleen Agnes Kennedy an jenem Tag zu Misses William Cavendish.
Aber das Glück der frisch vermählten währte nicht lange. Nur vier Wochen nach der Hochzeit, Mitte Juni 1944, wurde Billy für einen Militäreinsatz aufgeboten, den er auch prompt antrat. Im August darauf kam dann Kathleens geliebter Bruder Jospeh Jr., der an ihrer Hochzeit teilgenommen hatte, bei seinem letzten Kriegseinsatz über England ums Leben. Einen Monat danach, im September, erhielt die bereits trauernde Kick die Botschaft, dass auch ihr Ehemann in Belgien durch eine Explosion seines Flugzeuges dasselbe Schicksal ereilt hatte.
Kick Kennedy Cavendish blieb zunächst als blutjunge Witwe bei ihrer angetrauten Familie und entschied sich, fortan in England zu bleiben. In London kaufte sie sich deshalb nach einer Weile ein Haus und nahm ihre Arbeit für das Rote Kreuz wieder auf.
Vier Jahre später – inzwischen war ihr noch einmal das Glück einer neuen Liebe zuteil geworden – ließ auch sie mitsamt ihrem neuen Lebensgefährten unerwartet bei einem Flugzeugabsturz ihr Leben. Und so kommt es, dass Kathleen Kennedy bis heute in der Nähe ihres Mannes auf dem ländlichen Friedhof der Cavendish-Familie ruht.
Am Fuße ihres schlichten Grabes findet sich eine kleine Gedenktafel. Darauf verewigt ist der Besuch ihres Bruders, John F. Kennedy, der ihre letzte Ruhestätte nur wenige Monate vor seinem eigenen Tod 1963 noch besucht hatte.
AB