Warum gibt es in Berlin das Museum THE KENNEDYS? Gerade Besucher aus dem Ausland sind oftmals an den Hintergründen interessiert.
Zunächst ist anzumerken, dass Museen einen großen und wichtigen Teil unseres kulturellen Alltags darstellen. Sie haben zumeist identitätsstiftenden Charakter und vermitteln Geschichte, dokumentieren Sammlungen und zeigen Kulturgüter. Dementsprechend können Museen das kollektive Gedächtnis von Gesellschaftsgruppen darstellen – so auch das Museum THE KENNEDYS. Auf die Frage hin, warum es ein Museum in Berlin gibt, das den Mythos »Kennedy« nachzeichnet, könnte ein Zeitzeuge jener Tage antworten, dass der Berlin-Besuch John F. Kennedys im Juni 1963 als Meilenstein in der deutschen Nachkriegsgeschichte verstanden werden kann. Aber warum? Ein kurzer Rückblick: Im August 1961 begann die DDR, eine Mauer zwischen sich und dem angrenzenden westdeutschen Teil, der BRD, zu bauen. Berlin wurde die Stadt, in der sich der Konflikt zwischen Ost und West – zwischen der Sowjetunion und den USA – manifestierte. Jahre zuvor, im Zuge des Potsdamer Abkommens von 1945, hatten sich die Besatzungsmächte darauf geeinigt, das Nachkriegsdeutschland zu entnazifizieren. Eine Solidarisierung oder gar Fraternisierung von Alliierten mit dem Feind war dabei strengstens untersagt. Deutschland wurde temporär entmachtet und war der amoralische Verlierer eines zweiten großen Krieges.
Mit Konrad Adenauer, dem Bundeskanzler von 1949 bis 1963, sah sich Westdeutschland in einer zunehmend wachsenden Beziehung mit dem »Big Brother«, den USA. Doch seit der Zuspitzung des Ost-West-Konfliktes durch den Mauerbau, machte sich Unmut in der Bevölkerung breit. Die Westberliner wünschten sich eine klare Positionierung der USA und ein konkretes Veto Kennedys gegen den Mauerbau, das bislang ausgeblieben war. Kennedy war zerrissen, zwischen Deeskalation des Konflikts mit der Sowjetunion und Besänftigung der Westberliner.
Im Juni 1963 kam dann der langersehnte Besuch des charismatischen US-Präsidenten John F. Kennedy, dessen Zauber die Berliner einnahm. Die Menschen waren berührt und euphorisiert von der ihnen entgegengebrachten Empathie. Nach einem allgemeinen Gefühl der Ermattung durch die Verluste, die Deutschland nicht nur in territorialer Hinsicht erfahren hatte und der Tatsache, weiterhin ein Feindbild für viele andere Nationen darzustellen, kam nun der amerikanische Gewinner in der Form des amerikanischen Präsidenten – ein Leitbild nicht nur in demokratischer Hinsicht – und reichte die Hand. Somit würdigte eine der einflussreichsten Personen der Welt die bisher vollbrachte Leistung der Deutschen und die Entwicklung des Landes.
Kennedy machte Mut zu einem wiedervereinten Deutschland, das als Ziel durch den Mauerbau in weite Ferne gerückt schien. Er lobte die Freiheit des Landes und sagte die bekannten Worte: »Ich bin ein Berliner«. In diesem Ausruf, der durch die Weltpresse ging und auch heute noch gegenwärtig ist, zeigt sich all das Wohlwollen, das Kennedy der deutschen Bevölkerung entgegenbrachte; der Satz begründete neues Selbstbewusstsein für die Westberliner und schuf den Mut, weiterhin auf die Zusammenarbeit mit den USA zu setzen. An diesem Tag bekannte sich der amerikanische Präsident zu Westberlin sowie gleichzeitig Westdeutschland und machte deutlich, dass er seine schützende Hand über sie halten würde, solange die »kommunistische Bedrohung« von außen bestehe.
An diesem Tag entstanden zahlreiche Photographien, die später Teil der Ausstellung des Museums THE KENNEDYS, das seit 2006 besteht, werden sollten. Sei es beispielsweise der »Camelot-Raum«, der sich mit dem »Kennedy-Mythos« auseinandersetzt oder der »Berlin-Raum«, der die besondere Verbindung der Berliner zu den Kennedys erklärt: Besucher des Museums THE KENNEDYS erleben die Beziehung des amerikanischen Präsidenten zu Berlin auf eine besondere und oftmals berührende Art – und manch einer teilt dabei auch seine ganz eigene Begegnung mit Kennedy im Jahre 1963.
Franziska Sörgel