Joseph P. Kennedy und Rose Fitzgerald

Der Aufstieg der Familien Kennedy und Fitzgerald lief sowohl parallel als auch in Konkurrenz zueinander ab. Bevor die beiden Familien gemeinsam nach oben strebten, sollte noch einige von Konflikten begleitete Zeit vergehen. Sowohl die Fitzgeralds als auch die Kennedys wanderten in den 1840er-Jahren, zusammen mit vielen anderen irischen Familien, in die USA aus.

Sie waren als irisch-katholische Einwanderer Bürger zweiter Klasse. Beide Familien kamen ins britisch-puritanische Boston, welches von einer streng kontrollierten Gesellschaft geprägt war. Patrick Kennedy war Farmarbeiter und lernte bei der Überfahrt seine Frau Bridget Murphy kennen. Patrick und Bridget bekamen fünf Kinder. Das jüngste Kind, Patrick Joseph (P.J.), sollte später eine tragende Rolle in der Kennedy-Geschichte spielen. Er erarbeitete sich den Besitz eines Wirtshauses und handelte mit Spirituosen. Zudem wurde er 1886 zum Abgeordneten gewählt. Er heiratete Mary Hickey, die Schwester des Bürgermeisters. Einen Senatsposten erlangte er kurze Zeit später. 1888 wurde Joseph Patrick, der Vater John F. Kennedys geboren.

Einen ähnlichen Weg gingen die Fitzgeralds. Auch Thomas Fitzgerald kam in die USA, heiratete die irischstämmige Rosanna Cox und schaffte den Sprung in die Mittelschicht durch den Lebensmittelhandel. Von ihren 13 Kindern tat sich besonders John Francis Fitzgerald – auch Honey Fitz  genannt – hervor. Er absolvierte sogar das medizinische Grundstudium an einer jesuitischen Hochschule. Durch den Tod seiner Eltern musste er jedoch bald Geld verdienen und verließ den akademischen Zweig für eine Stelle beim Zollamt. Er heiratete Mary Josephine Hannon und unter ihren Kindern war Rose Fitzgerald, die zukünftige Mutter des Präsidenten. Später erhielt Honey Fitz als Sekretär eines Politikers erste Einblicke in die Welt der Politik.

P.J. Kennedy und Honey Fitz waren erbitterte Rivalen. Beide wurden 1892 in den Senat gewählt. Beide gehörten rivalisierenden Parteigruppen der Demokraten an. Die Konkurrenz führte auch dazu, dass Honey Fitz von einer weiteren Kandidatur zur Wahl des Repräsentantenhauses in Washington, nachdem er diese 1894 gewann, absah. Er kehrte schließlich nach Boston zurück und wurde dort Bürgermeister.

Auch Joseph P. Kennedy, der Sohn P.J. Kennedys arbeitete sich nach oben. Er studierte in Harvard und wandte sich dann dem Finanzgebiet zu. Er arbeitet sich in einer kleinen irischen Bank nach oben und wurde 1914, mit 25 Jahren, jüngster Bankdirektor der USA. Sein Vermögen vervielfachte sich und mit 35 Jahre war er mehrfacher Millionär.

1906, also vor der großen Karriere Josephs, lernten sich der 18-jährige Joseph P. Kennedy und die 16-jährige Rose Fitzgerald bei einem von den Demokraten organisierten Ferienaufenthalt in Maine kennen und verliebten sich. Die beiden rivalisierenden Familien waren nicht begeistert über die Zuneigung der beiden zueinander. Insbesondere Honey Fitz wollte diese Beziehung verhindern und verbot seiner Tochter den Kontakt zu Joseph. Doch Rose rückte von ihrem Vorhaben nicht ab und ihr Vater schickte sie auf eine Klosterschule in Europa. Honey Fitz dachte, er habe seine Tochter zu sehr zum selbstständigen Denken erzogen und schickte sie nach der Schule, statt auf das renommierte Wellesley College, auf ein unbedeutendes College.
Als sie wieder nach Hause kam und sie Joseph immer noch nicht vergessen hatte, machte Honey Fitz mit ihr eine Europareise. Allerdings half auch das nicht, die Beziehung hatte sich so sehr vertieft, dass die Rede vom Heiraten war. Honey Fitz gab acht Jahre später schließlich nach und stimmte der Vermählung zu.

Am 13. Juli 1914 folgte die Bekanntgabe der Verlobung von Rose und Joseph und am 7. Oktober die Trauung. Neun Monate und drei Wochen später kam das erste Kind zur Welt, Joseph Patrick Kennedy, Jr. Am 29. Mai 1917 folgte das zweite Kind und damit der zukünftige Präsident der USA, John Fitzgerald Kennedy.

Mit der Verbindung beider Familien wuchs zwar der Wohlstand, doch dafür sank die Zuwendung zu den Kindern. Die Ehe von Rose und Patrick war durch zahlreiche Krisen gekennzeichnet, durch diese sich beide immer mehr aus einem liebevollen Familien leben zurückzogen.  Dennoch hatten beide das gemeinsame Ziel vor Augen aus ihren Kindern Gewinner zu machen und gegen ihre Stellung, als Kinder irisch-katholischer Einwanderer und damit als Außenseiter, zu kämpfen. An diesen Zielen arbeiteten sie einvernehmlich zusammen: »In dieser Familie wollen wir nur Gewinner«.


Isabel Henschel