Die Kennedys unserer Zeit

 

Angesichts des 50. Todesjahres Robert F. Kennedys, dem letzten großen Hoffnungsträger der Familie, stellt sich im Jahr 2018 unfreiwillig die Frage, was aus dem gesellschaftlichen Erbe der Kennedys geworden ist und welche Positionen Familienangehörige heute vertreten. Eines vorweg: Der zitierte, über Generationen weitergetragene, Leitsatz »in dieser Familie wollen wir nur Gewinner« hat auch heute noch Bestand. Und damit setzt sich auch der für die Kennedys bezeichnende Anspruch auf öffentliche Teilhabe und Einflussnahme weiterhin fort.

 

Erwähnenswert ist der am 4. Oktober 1980 geborene Joseph Patrick Kennedy III. Er ist der Enkel Robert F. »Bobby« Kennedys und Großneffe John F. Kennedys. Während viele seiner Verwandten in den Medien auch durch diverse Skandale und familiäre Dramen auffielen, gelang es diesem Kennedy, bisher skandal-frei zu bleiben. Vielleicht liegt es auch daran, dass er das Gespräch mit den Medien weitestgehend meidet. Ganz anders als seine berühmten Vorfahren, die ihren politischen Aufstieg auf einer engen Zusammenarbeit mit Journalisten und Fotografen gründeten. »Joe III.« ist augenscheinlich daran interessiert, ausschließlich das politische Geschehen und somit die amerikanische Gesellschaft maßgeblich mitzugestalten. Als liberaler Politiker setzt er sich für die Gleichberechtigung von Transgender-Paaren, Lohngerechtigkeit und eine umfassende Einwanderungsreform ein. Seit 2012 sitzt er für den Bundesstaat Massachusetts im Repräsentantenhaus, wo er derzeit im Ausschuss für Energie und Handel arbeitet. Wirtschaftliche Entwicklung durch Investitionen in Bildungs- und Infrastrukturprojekte sind ihm ein besonders Anliegen. Im Januar 2018 erhielt er von der Demokratischen Partei die verantwortungsvolle Aufgabe, die Antwort auf Donald Trumps erste Rede zur Lage der Nation zu formulieren und wurde so zu ersten Mal landesweit wahrgenommen.

 

Auf Twitter hingegen äußert sich der junge Demokrat ausgiebig über aktuelle politische Sachverhalte. Knapp 400.000 Follower lesen regelmäßig mit – weit mehr als bei anderen Abgeordneten. Am 8. Januar 2018 kommentierte Kennedy etwa das Vorhaben der Trump-Administration, rund 200.000 in den USA lebenden Menschen aus El Salvador ihren vorübergehendem Schutzstatus, den »Temporary Protected Status«, zu entziehen:

 

»Ending TPS for Salvadoran families living in our communities does not make us safer or stronger. If @POTUS continues to target vulnerable populations, Congress must be their shield and #SaveTPS.«.

 

Ob auch dieser Kennedy eines Tages als Kandidat für das Amt des Präsidenten antreten wird, bleibt abzuwarten.

 

Der Name Kennedy stellt für nachfolgende Familienmitglieder sicherlich einen gewissen Vorteil dar: Studienplätze, Jobmöglichkeiten und gesteigerte Aufmerksamkeit für ihr Tun gehören wohl grundsätzlich zu den Privilegien einflussreicher Familien. Auch finanziell dürften die Nachkommen von den Errungenschaften vorangegangener Generationen profitieren. Dass der Name Kennedy und die vielen daran geknüpften Erfolgsgeschichten allerdings auch eine Belastung darstellen kann, ist ebenso denkbar, denn an junge Kennedys richtet sich eine besonders hohe Erwartungshaltung.

 

Einen vergleichsweise weniger linearen Weg als »Joe III« ging Katherine Eunice Schwarzenegger, Großnichte John F. Kennedys. Die am 13. Dezember 1989 geborene Schriftstellerin ist die Tochter Arnold Schwarzeneggers und der Fernseh-Journalistin Maria Shriver. Eigenen Aussagen nach hätten ihre Eltern mit viel Mühe versucht, ihr eine normale Kindheit zu ermöglichen. In ihrem 2010 veröffentlichten Buch Rock What You've Got: Secrets to Loving Your Inner and Outer Beauty from Someone Who's Been There and Back beschreibt die junge Autorin ihren Umgang mit mangelndem Selbstvertrauen und starken Selbstzweifeln als heranwachsende Frau. Wie dem Buchtitel bereits zu entnehmen ist, will sie den Lesern auf ihrem Weg zu einem positiven Selbstbild helfen. 2014 folgte ihr Buch I Just Graduated ... Now What?: Honest Answers from Those Who Have Been There – ein weiterer Ratgeber. Neben einer biographischen Liste meist prominenter Namen orientiert sich das Werk zu Weilen ebenfalls am Privatleben der Autorin, die selbst an der University of Southern California studierte. Es soll junge Hochschulabsolventen ansprechen, die sich ebenfalls mit zahlreichen Unsicherheiten konfrontiert sehen. Dass diese jedoch meist aus völlig anderen Verhältnissen kommen, liegt auf der Hand. Wer nach dem Abschluss, wie Schwarzenegger selbst, mit Sorge um die Findung nach den eigenen Weg in der Welt zu kämpfen hat, dem sei gesagt: »Hab keine Angst zu scheitern«.

 

Was zunächst wie ein starkes Gegengewicht zum Ideal des selbstbewussten Gewinners erscheint, entpuppt sich als ebenso bemerkenswerte Biografie. Auch Schwarzenegger hat ein gesellschaftliches Anliegen und kommuniziert als Schriftstellerin vor allem mit Frauen ihrer Generation.

 

Noch heute genießen die Kennedys als einflussreiche Bürger Amerikas Ruhm und Erfolg. Die ihnen seit der Geburt mitgegebene Aufmerksamkeit nutzen sie auf verschiedenen Wegen für das Aufzeigen von gesellschaftlichen Problemen und setzen sich meist für humanitäre Zwecke ein, sind sich also ihrer Verantwortung als prominente »Gewinner« bewusst. Dabei eifern die nachfolgenden Generationen ihren Vorfahren nach, denn auch sie scheinen von einem besonderen Wunsch nach gesellschaftlicher Teilnahme und Mitgestaltung getrieben zu sein. Joseph Patrick Kennedy III etwa kämpft als liberaler Politiker für demokratische Werte und setzt sich für die Rechte von Minderheiten ein. Auch die Bestseller-Autorin Katherine Eunice Schwarzenegger widmet sich mit ihren Ratgebern der Besprechung wichtiger Themen ihrer Generation. Die beiden jungen Vertreter des Kennedy-Clans führen also das Familienerbe auf ihre Weise weiter.

 

K. I.